© Zeno Göschl

Hoch Tirol Deluxe

Von Kasern zum Großglockner

04.04.2025

Anfang April ging es unter der Führung von Zeno Göschl auf die wohl eindrucksvollste Hochgebirgsdurchquerung in den Ostalpen. Die „Hoch Tirol“-Tour startet in Kasern in Südtirol und führt über die Gipfel der Venedigergruppe bis zum 43,07 km – Luftlinie! – entfernten Großglockner mit 3.798 m.  

Da eine Autoanreise bei dieser Distanz zwischen Start- und Endpunkt keinen Sinn macht, sind wir – Zeno, Dominik, Johannes und ich, der Michi – mit den Öffis angereist: Mit dem Railjet ging es am Anreisetag von München bis nach Brixen. Von dort mit dem Bus und einem Umstieg entspannt weiter nach Kasern. Im Hotel Kason gab es zur Stärkung nach der entspannten Anreise erst einmal einen Riesen-Eisbecher der im Anschluss in Wellness Bereich des Hotels gemütlich verdaut wurde. Bei einem super Abendessen wurden die Speicher für den nächsten Tag gefüllt.

Der erste richtige Tourentag startete mit einer Ernüchterung: Die Kaffeemaschine  war mit einer Zeitschaltuhr versehen, und da wir vor den regulären Frühstückszeiten aufgestanden waren, war auch das Personal nicht in der Lage, uns zu unterstützen. Das konnte uns jedoch die Vorfreude auf den Tag bei bestem Wetter nicht vermiesen. Statt klassisch durch das Windtal, stiegen wir entspannt durch das Röttal bis zur Lenkjöchlhütte auf. Nach einer kurzen Abfahrt ging es hinauf zum hinteren Umbaltörl. Nach einer weiteren, kurzen Abfahrt machten wir bei sommerlichen Temperaturen eine kleine Mittagspause, bevor es weiter hinauf zum Reggentörl ging und im Anschluss wieder hinab zur Essener-Rostocker Hütte. Beim gemütlichen Abendessen wurden die Pläne für den nächsten Tag geschmiedet.  

Tag zwei der Skiroute Hoch Tirol geht klassisch von der Es-Ro-Hütte zum großen Geiger und über das Türmljoch zur Johannishütte. Wir entschieden uns jedoch Richtung Maurerkeeskopf zu gehen. Zusammen mit einer Gruppe der Bergrettung Tirol ging es über den Simonysee und links des Gletscherbruchs des Maurerkees hinauf. An diesem Tag war es sehr windig und eine starke Böe riss Dominik die schöne DAV-Kappe vom Kopf. Doch Zeno reagierte schnell und erwischte die Kappe in einer Senke. Am Maurerkeeskopf angekommen hatten wir fast komplette Windstille und machten eine schöne Pause. Nach kurzem Abklettern ging es eine steile Abfahrt hinab ins Maurerkees. Hier präsentierte uns Dominik seine akrobatischen Fähigkeiten mit einem gestandenen Salto. Nach einem weiteren Aufstieg wurde die Scharte zwischen Großer Geiger und Großer Happ inspiziert. Da wir nicht sicher sein konnten, ob die Abfahrt von hier Richtung Johannishütte klappt, ging es noch einmal um den großen Happ herum. Die Abfahrt zur Johannishütte begann mit hartem Schnee, aber besser hart als gar nichts: Je näher wir der Hütte kamen, umso glücklicher waren wir, noch Schnee unter den Skiern zu haben.

Tag drei begann mit Sonnenschein, es war aber starker Wind angesagt. Tagesziel war das Matreier Tauernhaus. Dafür ging es zunächst Richtung Defreggerhaus. Dort angekommen haben wir uns im Winterraum für den stärker werdenden Wind ordentlich eingepackt. Über das Mullwitz Aderl stiegen wir zum Inneren Mullwitzkees ab und machten uns bei Starkwind aber blauem Himmel und Sonnenschein auf den Weg hinauf zum Großvenediger. Am Rainertörl angekommen entschieden wir, wegen des Winds nicht auf den Venediger zu gehen und stattdessen direkt abzufahren. Nach der Querung des Plateaus fuhren wir nördlich des inneren Kesselkopfes und der Neuen Prager Hütte hinab in das Gschlößtal. Dort mussten bei sehr frühlingshaften Temperaturen noch einige Kilometer aus dem Tal herausgeschoben werden. Die letzten Meter zum Matreier Tauernhaus legten wir mit Ski am Rucksack zurück. Nach der langen Etappe kam die Sauna genau richtig.

Tag vier ging vom Matreier Tauerhaus über die Amertaler Höhe zum Berghotel Rudolfshütte. Zunächst galt es mit den Skiern am Rucksack einige Höhenmeter zurückzulegen. Nachdem wir die Einfahrt des Felbertauerntunnels passiert hatten und im Schnee angekommen waren, mussten Harscheisen an die Ski: Zum einen war es sehr steil, zum anderen war die Schneedecke extrem hart. Eine kleine Klettereinlage von Johannes und mir durfte hier auch nicht fehlen. Nach Erreichen der Sillingscharte wurde eine kleine Pause eingelegt. Danach ging es auf die Amertaler Höhe, dann über das Prägratkees zur Granatscharte. Dort angekommen gab es zwei Gipfel zur Auswahl: den Stubacher Sonnblick oder die Granatspitze. Wir entschieden uns einstimmig für die Kletterei hinauf zur Granatspitze. Ein herrlicher Aussichtspunkt zurück Richtung Großvenediger und zu unserem Endziel, dem Großglockner. Wieder am Skidepot angekommen, ging es über das Sonnblickkees hinab zum Weißsee und zum Berghotel Rudolfshütte. Das Wort „Hütte“ führt hier ein wenig in die Irre. Denn eigentlich ist das ein riesiger Hotelbunker im Skigebiet mit Kletterhalle, Schwimmbad, Sauna und vielem mehr. Das Highlight ist wohl die Sauna mit Blick zur Granatspitze und dem Stubacher Sonnblick sowie das großzügige Buffet, an dem wir unsere Speicher wieder ordentlich auffüllten. Während des Desserts wurde noch der Plan für den nächsten Tag geschmiedet. Die Standardroute führt wieder hinauf zur Granatspitze, über die Südflanke zum Dorfersee und durch das Dorfertal bis zum Kalser Taurerwirt. Von dort geht es mit dem Taxi zum Lucknerhaus und hinauf zur Stüdlhütte. Unser Plan war es, den Grat der Romariswandköpfe zu erklettern und dann Richtung Stüdlhütte abzufahren. Zur Sicherheit haben wir aber noch eine Alternativroute vorbereitet, um auch bei schlechter Sicht gefahrlos ans Ziel zu kommen.

Tag fünf begann mit Sonnenschein aber man konnte schon einige Schleierwolken erkennen. Nach einer kurzen und steilen Abfahrt ins Gletscherbecken des Ödenwinkelkees begann ein langer und sehr steiler Anstieg Richtung Ödenwinkelscharte. Nach unzähligen Spitzkehren im extrem steilen und absturzgefährdetem Gelände kamen wir in der oberen Ödenwinkelscharte zwischen der Hohen Riffl und dem Johannisberg an. Leider hatte es bis dahin so zugezogen, dass wir auf unseren Alternativplan umschwenken mussten. Zuerst fuhren wir über den obersten Pasterzenboden bis in die Nähe des kleinen Burgstalls ab. Hier fellten wir wieder auf und stiegen einen anderen Teil des Obersten Pasterzenbodens durch einen steilen Gletscherbruch wieder auf. Bei leichtem Schneefall und starkem Wind erreichten wir die Romariswandscharte. Hier nochmal großes Lob an Zeno, der uns bei schlechter Sicht optimal geführt hat. Die Abfahrt zur Stüdlhütte im Anschluss war dann ein Klacks. Abends wurde der Plan für den letzten Tourentag besprochen. Das Wetter war nicht optimal angesagt, aber unser Ziel stand fest: Der Großglockner.

Tag sechs startete mit strahlend blauem Himmel und nur wenig Wind. Wir stiegen relativ einsam das Ködnitzkees hinauf bis wir am Einstieg zum Klettersteig zur Erzherzog Johann-Hütte, auch Adlersruhe genannt, ankamen. Die meisten Gipfelaspiranten ließen ihre Ski hier, wir aber wollten von weiter oben abfahren und so kamen die Ski an den Rucksack. Vorbei an der Adlersruhe erreichten wir den Einstieg zum Glocknerleitl. Ein steiler Hang an dessen Ende es dann auf den Grat zum Großglockner geht. Ab hier sind wir durch Zeno gesichert weiter am Seil gegangen. Dominik ging ohne Seil. Dem Grat folgten wir bis zum Kleinglockner, von dem es in die Glocknerscharte hinunter geht und dann wieder hinauf zum Großglockner. Der Weg war nie schwer aber sehr ausgesetzt. Am Gipfel angekommen waren wir für einige Minuten bei bestem Wetter, Windstille und perfekter Aussicht alleine. Das gibt es wohl nicht oft. Zu Fuß ging es im Abstieg bis kurz unterhalb des Glocknerleitls. Von hier konnten wir dann Richtung Stüdlhütte abfahren, unser restliches Equipment einsammeln und dann Richtung Lucknerhaus fahren. Mit dem Taxi ging es nach Kals und im Anschluss mit verschiedenen Bussen über Huben und Kitzbühel wieder nach Hause.

Eine unvergessliche Erfahrung mit einer super Truppe. Vielen Dank an Zeno, der uns auf dieser Tour immer sicher geführt hat.  

Michael Prock